Sonntag, 21. Juli 2013

Sommerzeit, Zeit des Nach-Denkens

Der Julimonat entbehrt für mich immer nicht einer gewissen Melancholie. Die Sommerferien beginnen und viele arbeitsreiche Wochen finden ihr Ende, man hängt den Eindrücken der vielen Begegnungen mit den Kindern nach; ein weiteres Lebensjahr flog dahin, der nächste Geburtstag steht an - wo stehe ich? Und nicht zuletzt, was wollte ich in diesem Sommer noch in Angriff nehmen, wofür ist jetzt die Zeit?

Wir werden sehen:

Was mich bewegte und erfreute
Seit den sagenhaften Jugendtagen,
All dies Flüchtige und bunt Zerstreute
An Besinnungen und Träumereien,
An Gebeten, Werbungen und Klagen
Findest Du auf diesen Seiten wieder.
Ob erwünscht sie oder unnütz seien,
Wollen wir nicht allzu ernstlich fragen -
Nimm sie freundlich auf, die alten Lieder!
Uns, den Altgewordenenen, ist das Weilen
Im Vergangenen erlaubt und tröstlich,
Hinter diesen vielen tausend Zeilen
Blüht ein Leben, und es war einst köstlich.
Werden wir zur Rechenschaft gezogen,
Das wir uns mit solchem Tand befaßten ,
Tragen wir wohl leichter unsre Lasten
Als die Flieger, die heut Nacht geflogen,
Als der Heere arme blutige Herde,
Als die Herrn und Großen dieser Erde.


Hermann Hesse
Einem Freunde mit dem Gedichtbuch