Montag, 15. Juni 2020

Aus meinem Bücherschrank


Eine Freundin auf Facebook ließ sich jüngst von ebenfalls einer ihrer Freundinnen dort zu einer 'Bücher-Challenge' herausfordern, eine Woche lang jeden Tag ("ohne Ausnahmen, ohne Rezension, nur das Buchcover") eines ihrer meistgeliebten Bücher vorzustellen und hat gleichzeitig diese Herausforderung an andere auf ihrem Facebook-Kanal weitergegeben. Ich möchte nunmehr diesen Handschuh aufnehmen.

Durch einen Umzug im vergangenen Jahr ergab sich für mich die Notwendigkeit, meine eigene Bibliothek durchzusehen und auszusortieren. Dies zeigte sich aber letztlich als eine schöne Gelegenheit, lange Gelesenes und Geschätztes wieder in die Hand zu nehmen und zum Teil auch neu zu lesen. Deshalb möchte ich die oben genannte 'Herausforderung' hier auf meinem Blog, ergänzend zu dem Lesetipp auf Facebook, etwas ausdehnen und einiges von meinen Lesefrüchten, von dem Wiederentdecktem vorstellen und zwar etwas ausführlicher als nur mit Nennung des Autors, des Titels und einem Coverbild.

Beginnen möchte ich mit einem Buch von Walter Moers, Das Labyrinth der Träumenden Bücher.



Es ist der Zählung von Wikipedia zufolge der sechste Band in der Reihe der Zamonien-Romane. Dass ich nun diesen Roman als erstes vorstelle hat zunächst einmal den Grund, dass dieser mir nach dem Umzug als erster wieder zur Hand kam. Das Labyrinth der träumenden Bücher ist eigentlich die Fortsetzung des vierten Bandes Die Stadt der Träumenden Bücher, was es meiner Meinung nach aber nicht zwingend notwenig macht, letzteren als erstes zu lesen.

Hauptfigur und Erzähler im Roman ist der zamonische Dichter Hildegunst von Mythenmetz. Während er in der Stadt der träumenden Bücher von seinen Anfängen als angehender Dichter erzählt, insbesondere von seinen Abenteuern in der Bücherstadt Buchhaim und den darunter liegenden Katakomben setzt Das Labyrinth der träumenden Bücher 200 Jahre später ein:


 




Umschlagtext:
Über zweihundert Jahre ist es her, seit Buchhaim, die Stadt der träumenden Bücher, von einem verheerenden Feuersturm zerstört worden ist. Der Augenzeuge dieser Katastrophe, Hildegunst von Mythenmetz, ist inzwischen zum größten Schriftsteller Zamoniens avanciert und erholt sich auf der Lindwurmfeste von seinem monumentalen Erfolg. Er gefällt sich im täglichen Belobhudeltwerden, als ihn eine verstörende Botschaft erreicht, die seinem Dasein endlich wieder einen Sinn gibt.

…..

Einst


Kam der Schwarze Mann
Und zündet´ Buchhaim an
Es brannte lichterloh
Der Schwarze Mann also
Dann ging dahin die Zeit
Und mit ihr alles Leid
Doch eh man sich versah
War Buchhaim wieder da

Buchhaimer Kinderlied


Zeit meines Lebens hatte ich immer eine Vorliebe für Romane, die ihrerseits Geschichten vom Lesen, von Büchern und (geheimnisvollen) Bibliotheken erzählten.
Da wären vor allen Dingen auch die Romane von Carlos Ruiz Zafón zu nennen. Unter anderen vor allem seine Romane zum "Friedhof der vergessenen Bücher", zum Beispiel Der Schatten des Windes oder Das Spiel des Engels.

aus dem Prolog des Labyrinths der Träumenden Bücher:


Eine Überraschung

Hier geht die Geschichte weiter. Sie erzählt, wie ich nach Buchhaim zurückkehrte und zum zweiten Mal hinabstieg in die Katakomben der Bücherstadt. Sie handelt von alten Freunden und neuen Feinden, von neuen Mitstreitern und alten Widersachern. Sie handelt aber vor allem, so unglaublich es klingen mag, vom Schattenkönig.

Und sie handelt von Büchern. Von Büchern der verschiedensten Art, von guten und schlechten, lebenden und toten, träumenden und wachen, bei denen man nicht ahnt, was in ihnen steckt. Bei deren Lektüre einen jederzeit eine Überraschung ereilen kann - besonders dann, wenn man am wenigsten damit rechnet.

So, wie beim Lesen dieses Buches, geneigter Leser, das du gerade in den Händen hältst. - Ich muß dir nämlich leider mitteilen, dass dies ein vergiftetes Buch ist. Sein Kontaktgift hat in dem Augenblick begonnen, durch deine Fingerkuppen einzudringen, als du es aufgeschlagen hast. Winzige, mikroskopisch kleine Partikel nur, für welche die Poren deiner Haut so groß wie Scheunentore sind, die ungehinderten Einlass in deinen Blutkreislauf gewähren. Und nun sind diese Todesboten bereits in deinen Arterien unterwegs, direkt zu deinem Herzen.

 …..

Das Labyrinth der Träumenden Bücher habe zwar, laut Wikipedia, 'im Allgemeinen negative Kritiken erhalten' * , das sollte aber Fans von Walter Moers nicht beeindrucken und die Lust am Lesen dieses Buches nicht schmälern. Wie schon der Heilige Bonaventura wußte: 'Vieles nämlich wissen, aber nichts genießen, was nützt das?'  Immerhin erhielt Walter Moers 2011 den 'Lovely Books Leserpreis' für diesen Roman und außerdem sollte man berufsmäßigen Buchkritikern selbst immer kritisch gegenüberstehen, wie zum Beispiel Denis Scheck von der ARD, der oft Neuerscheinungen ziemlich einseitig und selbstherrlich rezensiert.

Ein kleine Pikanterie fiel mir bei der Relecture dieses Romans auf. Gleich am Anfang seiner Erzählung warnt der Protagonist Hildegunst von Mythenmetz den Leser, er halte ein vergiftetes Buch in den Händen, dessen Gift schon mit dem Aufschlagen des Buches Wirkung zeige, ein Gift, das direkt zu seinem Herzen vordringe. Mir kam der Gedanke, dass Lesen also durchaus als 'Gegengift', als Antidot, Wirkung entfalten kann gegen aktuelle Virenangst, aktuelle Propaganda und deren 'Pusher', denn auch das dringt ja derzeit vielerorts in unsere Herzen ein und vergiftet die Seelen.

Also Leute, lest, aber lest mit Bedacht.
hj

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*Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass Wikipedia mittlerweile oft sehr unzuverlässige und tendenziöse Informationen bietet.